Kathmandu - Annapurna
Nepal, du wirst mir fehlen
Wie ihr ja bestimmt aus Toms Berichten raus lesen konntet: wir hatten großartige drei Monate in Nepal. Die Landschaft ist atemberaubend schön, die Bewohner sehr freundlich, ehrlich und immer hilfsbereit. Auch der Mindestabstand zwischen Menschen ist annähernd so groß wie in der europäischen Kultur, das ist ein angenehmer Aspekt nach drei Monaten in Indien.
Ja, ich war stinkend faul was die Fütterung unseres Blogs betraf, deshalb hier eine Zusammenfassung:
Mit der Überquerung der Grenze von Indien nach Nepal in Mahenadranagar (im Westen Nepals) war plötzlich alles anders: kaum Verkehr, fast nur Fahrräder und kaum LKW`s, keine 50 Leute umfassenden Menschentrauben um uns und unsere Räder herum beim Bananenkauf und Teeimbiss. Aufatmen: die Luft ist besser.
Ich will Indien keinesfalls schlecht machen, es ist nur einfacher und entspannter für mich als Europäer.
Wir radeln die flache, leere Straße des Westterai`s entlang, links und rechts die zauberhaftesten, sauberen, ganz einfachen Dörfer mit Hütten aus Stroh und Lehm mit einem kleinen, liebevollen Gemüsegärtchen drumrum. Und es gibt Blumen, nicht nur im Tempel, auch am Haus und im Garten. Wälder. Wir sehen kaum Plastikmüll (das wird sich erst in und um Kathmandu ändern). Und endlich können wir mal wieder abseits der Straße das Zelt aufbauen.
Unser erstes größeres Ziel ist der Bardia Nationalpark. Wir stapfen mit 2 netten Jungs namens Baba und Krishna durch den Dschungel um einen Blick auf kleines und großes Getier zu erhaschen. Das könnten Tiger, Elefanten, Rhinos, Hirsche, Affen usw. sein. Spuren und Dung der besagten Gattungen (mal wieder von sehr beeindruckendem Ausmaß) können wir zuhauf finden. Und Dank der sehr begabten Spurenleser, die uns führen, köennen wir tatsächlich Mama Rhino und ihr Minikalb aufspüren. Ich werde auf einen Baum gehieft (Tom schafft es natürlich allein), meine Armmuskeln scheinen sich extrem rückgebildet zu haben, und von hier oben können wir die 2 Tiere beobachten. Und dann sonnt sich da noch eine stattliche Python auf einem (anderen!) Baum. Hirsch und Affe wir auch noch vorstellig, doch mit diesen lustigen Gesellen haben wir schon Bekanntschaft gemacht.
Wir genießen für ein paar Tage unser schönes Lehmhüttchen im Park, abends gibt es Lagerfeuer, es ist nachts nämlich recht frisch. Die Sonne zeigt sich seit Rishikesh kaum, es bleibt diesig und dunstig.
Wir fahren weiter bis Buthwal und nun gehts bergauf. Doch alles halb so wild, die Straße ist zwar stetig, aber mit einer gut fahrbaren Steigung, nichts im Vergleich zur schweißtreibenden Schwarzmeerküste in der Türkei. Und die Temperaturen sind ideal zum Fahren.
Nach ein paar Tagen erreichen wir Pokhara, hier, wo ich schon seit Jahren einmal hinwollte, denn die Stadt ist Ausgangspunkt für den "Annapurna Rundweg". Entgegen die Postkarten und Poster, die uns von allen Seiten anspringen, sehen wir keine einzige weiße Bergspitze. Wir vermuten, Photoshop hat Einzug gehalten. Ein paar Tage lang wird eingekauft: Wanderstöcke, Thermounterwäsche, Handschuhe, Fleecejacke, eine neue Hose für Tom (Verschleißerscheinungen nach Monaten intensiver Nutzung), eine Wanderkarte usw.. Paradisisch die Autdoorläden. Es gibt einfach alles zu äußerst erfreulichen Preisen. Leider (in diesem Falle) sind wir nicht mit leerem Rucksack hergeflogen und können nun mit vollen Rucksäcken wieder heimfliegen.
Wir sprechen mit ein paar Leuten die hier leben, und man erkärt uns für verrückt, den ganzen Rundweg gehen zu wollen. Zu kallt, zu viel Schnee, der sagenumwogene Thorung La Paß ( 5400m) könnte geschlossen sein, ihr könntet euch verlaufen, erfrieren, falsche Jahreszeit! Was, ohne Führer? Ihr seid ja wahnsinnig. Und dann die Höhenkrankheit! Wir wurden also über jedwede Gefahr (und die scheint überall zu lauern) mit schauerlichen Beispielen aus ferner und naher Vergangenheit aufgeklärt. Ich kaufe schnell noch eine dicke Daunenjacke.
Am vorherigen Morgen des geplanten Aufbruchstages (wir wissen immer noch nicht ob wir die ganze Runde "drehen" sollen oder ob wir nur einen Teil davon gehen), treffe ich einen Deutschen, der seit Jahren in Finthorn/ Schottland lebt und regelmäßig nach Nepal kommt und auch als Bergführer für seine Freunde und Bekannten fungiert. Eine wunderbare, fast schicksalshafte Begegnung könnte man meinen, er rückt alles ins rechte Licht und bestärkt unsere Entscheidung, den ganzen Weg zu gehen.
Früh am morgen setzen wir uns in den Bus und beginnen den Weg nahe Pokhara. Die Busfahrt wird schon ein Erlebnis, ich habe wirklich nicht geglaubt, das ein Auto, geschweige denn ein klappriger TATAbus, eine solche unasphaltierte Straße überhaupt fahren könnte. Schlaglöcher, riesig und Mitte Wade tief, Haarnadelkurven, mitten im Wald. Ziegen und Menschen verhalten sich zivilisiert. Als der Bus auf einen reißenden Fluß zusteuert ( ich sitze in der ersten Reihe, quasi neben dem Fahrer), ...nein er wird doch nicht, unmöglich... Der Fahrer klopft 3mal auf sein Riesenlenkrad ....! Ich erstarre zur Salzsäule als wir den ca 70 cm tiefen, 70 m breiten, blauen Gebirgsfluß flußaufwärts überqueren. Hut ab, ein exellenter Busfahrer, ich bin schwer beeindruckt, wir kippen nicht um and Mensch, Maus, Kartoffelsack und Ziege überleben.
Und am zweiten Wandertag ist es soweit, wir sehen sie zum ersten Mal in unserem Leben, die weißen Gipfel des Himalayas. Das Dach der Welt.
Wir werden fantastische drei Wochen in den Bergen verbringen. Das Wetter könnte nicht besser sein, die Berge nicht schöner, die Leute nicht freundlicher. Interressante Wandergeselle kreuzen unseren Weg, neben Eselkarawanen, die allerlei Krempel und Nahrung die Berge hochschleppen. Die Esel sind ausgesprochen gutaussehend, haben immer einen kleinen bunten, dreieckigen geknüpften Teppich vor der Eselstirn mit bunten Trotteln links und rechts baumelnd und noch einen Teppich auf dem Rücken (als Schutz vorm Durchscheuern, nehme ich mal an) denn sie schleppen bis zu 50 kg pro Tier.
Doch nicht nur der arme Esel muß ran. Was mich in Nepal bis fast zur Erschütterung beeindruckt, sind die menschlichen Träger. Man sieht sie überall. In den Bergen, in der Stadt, als Begleitung der Bergtouristen oder als Versorger füer abgelegene Bergdörfer. 50- 60 kg beträgt die durchschnittliche Last. Je schwerer, desto mehr Geld ist zu verdienen ( nein, viel ist es auf keinen Fall). So sieht man sie die Berge hochlaufen, in dünner Luft, mit 3 Riesenrucksäcken, Holzplatten, Baumstämmen, Eierkörben, Glasscheiben,Wellblechdaechern usw.. Schwer tragen gehört zum Leben, wie es mir scheint. Das Kleinkind trägt das Baby, Männer, Frauen, Kinder schleppen riesige Bündel aus Feuerholz, Grünfutter, Kiefernnadeln, totem Laub. Auch die Oma ohne Zähne rennt mit besagter Fracht die Berge rauf und runter. Ein hartes Leben. Selten Strom, (eis)kaltes Wasser. Und doch scheinen die Menschen zufrieden in den Bergen. Wir sehen schöne, lächelnde, vom Wetter gegerbte Gesichter. Immer ein freundliches "Namaste".
Wenn die Waldgrenze erreicht ist, kann nur noch mit trockenem Yakkot geheizt werden. Holz ist überall ein rares Gut, vor allen Dingen nach dem Eintreffen von Touristenscharen in den letzten Jahren, die aber dem Land und einem Teil der Bevölkerung Bares einbringen. Das Für und Wider, wiie üerall.
DER Thorung La Paß (es soll der höchste Paß der Welt sein??) wird kein Problem für uns. Wir brechen um 3 Uhr in der Frühe auf und folgen einer Gruppe netter Franzosen, die mit Nepalis unterwegs sind. Um 7 haben wir den höchsten Punkt unseres bisherigen Lebens erreicht, die Sonne geht gerade auf. Die Sicht ist bestens, kaum Wind, trotzdem arschkalt. Schnell Handschuhe aus, ein paar Fotos, Hanschuhe schleunigst wieder an. Meine Temperaturanzeige an der Uhr streikt. Beim 1600m Abstiegt bleibt der gefürchtete Gegenwind aus, strahlender Himmel, Sonnenschein. Im Dorf Muktinath angekommen, ziehen wir aus, was wir können, der Unterschied zwischen Paß und hier beträgt wahrscheinlich fast 30- 40 Grad. Endlich mal wieder Haarewaschen, bisher konnte ich mich nicht überwinden, denn Eiseimer dafür freizuhacken. Auf dieser Seite der Berge ist es erheblich wärmer und "moderner". Es gibt eine unasphaltierte Straße. Meistens können wir aber auf kleinen Wegen wandern.
Verzaubert von unserem Ausflug in die Bergwelt kehren wir nach 21 Tagen zurück nach Pokhara.
Was mir an dieser Bergwanderung besonders gefallen hat, ist die Vielfalt, der man begegnet. Man kommt der Kultur sehr nahe, zieht ständig an Gebehtsfähnchen und Tschorten vorbei, sieht die Menschenbei bei ihren alltäglichen Tätigkeiten, man durchläuft veschiedenste Vegetationszonen.
Wir genießen noch einige Tage das touristische "Lassiparadis" Pokhara, bevor wir nach Kathmandu aufbrechen. Entgegen der schlechten Vorhersagen, ist die Strecke landschaftlich schön und verkehrstechnisch erträglich. Wir treffen Sophie und David, 2 australische Radler und verbringen ein bißchen Zeit zusammen.
Kathmandu
Drei Wochen machen wir eigentlich nicht viel außer Lesen, Kochen, Essen, Schlafen. Der ein odere andere Tempel wird besucht.
Es heißt, Tibet (wir wollen über Tibet nach China) öffnet erst wieder Anfang April, also Warten und Tee trinken. Und wo kann man beides besser als hier. Die meisten Leute, die wir gesprochen haben, schimpfen auf Kathmandu: laut dreckig, zu viele Leute. Wir fanden die Stadt toll. Wir haben ein bißchen abseits vom Touristen- und Geschäftsrummel in einem ganz süßen Appartment gewohnt und konnten selbst kochen. Eine gute Abwechslung nach monatelangem Auswärtsessen. Unweit unseres Appartementes gibt es fantastische Gemüsemärkte, was für eine Freude dort einzukaufen. Überall Tempel und Tempelchen, Gompas, Blumen, Obst: ein quirliges Straßenleben. Ich fand es wunderbar und die Stadt ist mir ans Herz gewachsen.
Mal abgesehen von den Flüssen und der Luft, finde ich Kathmandu recht sauber (nach 3 Monaten Indien!!) Die Flüsse allerdings sind unbeschreiblich. Eine Müllhalde. Wahrscheinlich die Schlimmste die ich je gesehen habe.
Wir buchen eine Tour nach Lhasa mit dem Bus, man darf offensichtlich nicht ohne organisierte Tour nach Tibet. Man versichert uns, eine Visumsverlängerung, einmal in China angekommen, ist kein Problem.
Mit diesem Plan geht es noch mal für zwei Wochen in die Berge: Langtang und und Gosainkund. Wieder zwei gradiose Wochen. Die Wanderung hat einen ganz anderen, als der Annapurna Rundweg.
Als wir zurückkommen, heisst es, Tibet bleibt vorläufig geschlossen. Wir entscheiden uns, nach China zu fliegen, Nepal ist ja wunderbar, aber irgendwann wollen wir weiter. So beantragen wir unser China- Visum (kein Problem) und buchen unseren Flug nach Chengdu. Wir spielen letzte zwei Wochen "zu Hause" in Kathmandu, Tom bringt die Räder dank eines super Radladens mit allen erdenklichen Radteilen auf Vordermann, viele verschlissene Teile werden nach fast 13000 km ausgetauscht.
Ich bin sehr traurig, als wir mit unseren bepackten Rädern zum Flughafen radeln. Ich hoffe auf ein Wiedersehen mit Nepal, den Bergen, mit Kathmandu und mit einigen liebgewonnenen Gesichtern.
Ich habe es schon oft gedacht, das ist vielleicht das Schwerste am Reisen: immer wieder Abschied nehmen.
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